Der Umstand, dass eine Frau weniger als eine männliche Vergleichsperson verdient, begründet nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts zugleich die Vermutung, dass eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vorliegt.
Dem Arbeitgeber bleibt die Möglichkeit, diese Vermutung zu entkräften, d.h. er muss nachvollziehbare Gründe anführen, warum er der Frau für gleiche oder gleichwertige Arbeit nicht das gleiche Entgelt zahlt.
Hintergrund:
Jeder Arbeitnehmer kann nach § 10 EntgTranspG verlangen, dass ihm sein Arbeitgeber mitteilt, wie sein Entgelt bemessen wird,, und was die mit gleichwertiger Arbeit befasste Vergleichsgruppe des anderen Geschlechts verdient. Der Auskunftsanspruch bezieht sich nicht auf das durchschnittliche Gehalt der jeweiligen Vergleichsgruppen, sondern auf den statistischen Median. Hierdurch soll es leichter werden, die Entgeltstruktur zu überprüfen und Gehaltsangleichungen gerichtlich durchzusetzen.
Die Klägerin ist als Abteilungsleiterin beschäftigt und hatte die Auskunft erhalten, dass sie 1.060.60 EUR weniger verdient als die männlichen Vergleichspersonen. Sie hatte auf Zahlung der Differenz geklagt und zugleich beantragt, festzustellen, dass sie Anspruch auf ein höheres Bruttoarbeitsentgelt hat.
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen wies die Klage zurück und begründete dies damit, dass allein die unterschiedliche Vergütung das Vorliegen einer geschlechtsbedingten Benachteiligung nicht beweisen würde, sondern weitere Indizien hinzutreten müssten. Frei nach dem Motto: der Mann wird zwar besser bezahlt, aber das wird schon seine Gründe haben. Es oblag also weiterhin der Frau, Nachweise beizubringen, die nahelegen, dass eine geschlechtsspezifische Entgeltbenachteiligung vorliegt.
Die Entscheidung war heftig kritisiert worden, weil der Gesetzgeber Arbeitnehmern über die Auskunft nach dem Entgelttransparenzgesetz die Möglichkeit geben wollte, sowohl die Benachteiligung als auch die Einkommensdifferenz geltend zu machen. Und auch der Europäische Gerichtshof ist der Auffassung, dass es für den Nachweis einer geschlechtsspezifischen Benachteiligung ausreicht, wenn vorgetragen wird, dass bei Ausübung gleichwertiger Arbeit eine Entgeltungleichheit vorliegt.
Das Bundesarbeitsgericht folgt dieser Auffassung, da zukünftig als Beweis für eine geschlechtsspezifische Benachteiligung ausreichen soll, dass der Arbeitnehmer ausweislich der ihm erteilten Auskunft nach dem Entgelttransparenzgesetz weniger verdient als vergleichbare Kollegen anderen Geschlechts.
Das Bundesarbeitsgericht hat den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht Niedersachsen zurückverwiesen, damit der Arbeitgeber Gelegenheit erhält, zu beweisen, dass die Einkommensdifferenz trotz gleicher Arbeit nicht auf dem Geschlecht der Klägerin beruht. Angesichts dessen, dass der bestbezahlte Abteilungsleiter bei dem betreffenden Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Klageinreichung weiblich war, könnte das durchaus gelingen.
Die Pressemitteilung zu der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.01.2021 – 8 AZR 488/19 finden Sie hier:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&nr=24855