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Kein Arbeitsunfall bei Sturz auf dem Weg ins Homeoffice (aufgehoben durch Bundessozialgericht)

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Nach einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen ist ein Arbeitnehmer, der morgens auf dem Weg von seinen privaten Wohnräumen zur erstmaligen Arbeitsaufnahme in seinem Homeoffice auf der innerhäuslichen Treppe stürzt, nicht gesetzlich unfallversichert.

Der zurückgelegte Weg sei weder als versicherter Weg nach dem Ort der Tätigkeit (Wegeunfall) noch als versicherter Betriebsweg anzusehen. Ein Wegeunfall sei nur möglich nach dem Durchschreiten der eigenen Haustür und dem Ankommen im Betrieb. Ein Betriebswegeunfall sei schon deshalb ausgeschlossen, weil der Arbeitnehmer zum Unfallzeitpunkt auf dem Weg zur erstmaligen Aufnahme seiner Arbeitstätigkeit war.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen stützt sich bei seiner Entscheidung auf ein vielfach kritisiertes Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.01.2020, wonach ein Wegeunfall schon vom Wortlaut voraussetze, dass Arbeits- und Wohnort räumlich auseinanderfallen.

Der Entscheidung des Bundessozialgerichts lag ein Unfall zugrunde, den eine Arbeitnehmerin erlitten hatte, als diese ihr Kind vor Aufnahme ihrer Arbeit im Homeoffice zur Kita brachte. Das Urteil wurde viel kritisiert, da es zu dem Zeitpunkt, als das Gesetz zur gesetzlichen Unfallversicherung erlassen wurde, noch kein Homeoffice in der heutigen Form gab und der Gesetzgeber daher keine Regelungen hierzu treffen konnte.  Das Bundessozialgericht verwies aber darauf, dass es auch damals schon freiwillig, satzungsgemäß oder gesetzlich versicherte Selbständige gegeben habe, die von zuhause aus gearbeitet hätten. Dennoch habe sich der Gesetzgeber entschieden, für diesen – den Arbeitnehmern im Homeoffice vergleichbaren – Personenkreis keine Regelungen zu treffen.

Das Bundessozialgericht erhält jetzt Gelegenheit, sich erneut zum Unfallversicherungsschutz im Homeoffice zu äußern, da der Arbeitnehmer gegen die Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen Rechtsmittel eingelegt hat.

Zudem ist der Gesetzgeber gefragt. Es kann nicht sein, dass Arbeitnehmer in Pandemiefällen zur Arbeit im häuslichen Umfeld gedrängt werden, der Gesetzgeber diese aber nicht angemessen gegen Unfälle absichert.

Die Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 09.11.2020 zum Aktenzeichen L 17 U 487/19 finden Sie hier:

https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseLSG/05_05_2021_/index.php (Pressemitteilung)

https://www.justiz.nrw.de/nrwe/sgs/lsg_nrw/j2020/NRWE_L_17_U_487_19.html

Die Entscheidung des BSG vom 30.01.2020 zum Aktenzeichen B 2 U 19/18 R finden Sie hier:

https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/DE/2020/2020_01_30_B_02_U_19_18_R.html

Mit Urteil des Bundessozialgerichts vom 08.12.2021 zum Aktenzeichen B 2 U 4/21 R wurde die Entscheidung aufgehoben und das Vorliegen eines versicherten Arbeitsunfalles festgestellt.

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