Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub verjährt nicht automatisch zum Ablauf des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraumes, sondern nur, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage versetzt hat, den vollständigen Jahresurlaub zu nehmen. Er muss diesen daher auf den drohenden Verfall des Urlaubsanspruches hinweisen.
Wenn der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht nicht nachgekommen ist, wurde teilweise die Auffassung vertreten, dass der Urlaubsanspruch nach Ablauf der Regelverjährung von drei Jahren nicht mehr geltend gemacht werden kann.
So erging es einer Steuerfachangestellten, der in den Jahren 2012 bis 2017 wegen hohen Arbeitsaufwandes nur an 95 Arbeitstagen Urlaub gewährt wurde. Diese verlangte nach Ende des Arbeitsverhältnisses die Abgeltung von 101 Urlaubstagen aus dem Jahr 2017 und den Vorjahren. Der Arbeitgeber wandte dagegen ein, dass für die geltend gemachten Urlaubsansprüche die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren abgelaufen sei. Das Arbeitsgericht folgte in erster Instanz seiner Auffassung, während das Landesarbeitsgericht eine Verjährung verneinte.
Der EuGH hat jetzt auf Vorlage des Bundesarbeitsgerichts entschieden, dass der Arbeitgeber nach EU-Recht dafür sorgen muss, dass Beschäftigte den Urlaubsanspruch auch tatsächlich wahrnehmen können. Kommt der Arbeitgeber seiner Mitwirkungspflicht bzw. Hinweispflicht nicht nach, kann der Urlaubsanspruch nicht erlöschen.
Zwar habe der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, nicht mit einer finanziellen Vergütung für nicht genommenen Urlaub konfrontiert zu werden, die länger als drei Jahre zurückliegt. Allerdings hat der Arbeitgeber es selbst in der Hand, dieser Situation zu entgehen, in dem er den Arbeitnehmer auf den drohenden Verfall hinweist und es ihm ermöglicht, den Urlaub vorher zu nehmen.
Die Entscheidungen des EuGH vom 22.09.2022 – Az. C-120/21 findet sich hier: