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Verpflichtung der Bahn zur geschlechtsneutralen Ansprache – OLG gewährt Entschädigung

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Bereits im Dezember 2020 hat das Landgericht Frankfurt/Main festgestellt, dass die Bahn durch die obligatorische Angabe von „Herr“ oder „Frau“ in ihrem Buchungsportal Personen mit nicht-binärer Geschlechtsidentität in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.

https://kanzlei-lurup.de/statt-herr-und-frau-verpflichtung-zur-geschlechtsneutralen-ansprache/

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat dieses Urteil nun bestätigt und sich dabei direkt auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gestützt. Personen mit nicht-binärer Geschlechtsidentität werden unmittelbar wegen des Geschlechts und der sexuellen Identität benachteiligt, wenn diese bei Nutzung von Angeboten der Bahn zwingend eine Anrede als Herr oder Frau angeben müssen.

Während die Verpflichtung zur geschlechtsneutralen Ansprache im individuellen Kundenkontakt mit der klagenden Person sofort umgesetzt werden muss, hat das Oberlandesgericht der Bahn für die erforderliche technische Umstellung ihres Online-Portals Zeit bis zum 31.12.2022 gegeben. Das Urteil ist nicht mehr anfechtbar.

Anders als das Landgericht hat das Oberlandesgericht zudem eine Entschädigung von 1.000 EUR festgesetzt. Denn die klagende Person habe die Zuschreibung von Männlichkeit als Angriff auf die eigene Person empfunden, was zu deutlichen psychischen Belastungen führe. Bei der Bemessung der Entschädigungshöhe wurde zwar auch berücksichtigt, dass die Bahn nicht absichtlich oder bewusst auf die geschlechtsneutrale Anrede verzichtet habe. Allerdings hätten andere große Unternehmen ihre IT-Systeme entsprechend angepasst.  

Die Pressemitteilung zur Entscheidung des OLG Frankfurt am Main vom 21.06.2022 zum Az. 9 U 92/20 finden Sie hier:

https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/unterlassungs-und-entsch%C3%A4digungsanspruch-einer-person-nicht-bin%C3%A4rer

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